Die neue Personalbemessung in der Pflege
Oder, wie teilen wir das wenige Personal, das wir haben, am geschicktesten auf?
Dass es an allen Ecken und Enden an Pflegepersonal fehlt, ist nichts Neues. Neu ist allerdings, dass es nun auch die Politik vernommen hat. Die kommt nun mit einem kreativen Vorschlag um die Ecke: Man muss das vorhandene Personal einfach geschickt aufteilen und schon ist der Mangel ansatzweise behoben! Genannt wird das ganze „Personalbemessung“. „Knappe Ressourcen müssen möglichst wirtschaftlich eingesetzt werden“, heißt es in der „Roadmap“ des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). Nun denn.
1995/96 wurde mit der Einführung der Pflegeversicherung die letzte gravierende Veränderung beschlossen. Jetzt ist es mit dem neuen Personalbemessungsverfahren also wieder soweit. Was genau versteckt sich dahinter und wer und was wird bemessen? Lasst uns das Ganze mal etwas näher unter die Lupe nehmen:
Mit der Personalbemessung sollen Einrichtungen der vollstationären Pflege feststellen, wieviel Personal sie benötigen, um eine fachgerechte Pflege zu gewährleisten. Entscheidend sind hierbei einmal die Zahl der Bewohner und deren Pflegegrad. Eine Einrichtung mit vielen Patienten und hohem Pflegegrad, braucht mehr Fachkräfte als eine Einrichtung mit wenig Bewohnern. Das ist logisch und soll deshalb die Basis für die neue Einteilung der Pflegekräfte bilden. Die neuen Vorgaben orientieren sich am eigentlichen Bedarf und berücksichtigen neben der Anzahl der Heimbewohner auch deren Pflegegrad. Wenn es schon an Pflegepersonal fehlt, soll dieses wenigstens passgenau aufgeteilt werden. Eigentlich ganz sinnvoll, auch wenn es den eigentlichen Pflegekraftmangel nicht weiter berührt, denn indem man die vorhandenen neu aufteilt, werden es nicht mehr.
Wie kam man denn überhaupt darauf? Das neue Personalbemessungsverfahren geht auf das Pflegestärkungsgesetz II vom 1. Januar 2016 zurück. In diesem Gesetz wurde festgelegt, dass bis zum 30. Juni 2020 ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren zur einheitlichen Personalbemessung erprobt und entwickelt werden soll. Das scheint geschehen zu sein, denn nun gilt ab 1. Juli 2023 die neue Personalbemessung und soll sich dann bis spätestens Dezember 2025 etabliert haben. Die Einrichtungen müssen also erstmal Bewohner zählen, Pflegegrade auswerten und dann rechnen.
In diesem Zusammenhang wird von mehreren Personalausbaustufen gesprochen. Das Personal der ersten Stufe ist noch kaum in den Einrichtungen angekommen und auch längst nicht in ausreichender Zahl, da spricht die Politik bereits von der zweiten. Wo sind die ausgebildeten Assistenzkräfte hin? Wo wurde ausgebaut, wenn nach wie vor großer Mangel herrscht? Wer wurde ausgebildet? Fragen über Fragen …
Diese Idee ist allerdings spannend, da bei der vorgesehen Aufteilung des Pflegepersonals 10% weniger Fachkräfte, aber gleichzeitig mehr Assistenzkräfte benötigt werden. Es wird also eine Umverteilung geben. Es stellt sich die Frage: was passiert mit dem Fachpersonal, das nun theoretisch übrig wäre? Und wo will man die Assistenzkräfte alle hernehmen, denn zurzeit gibt es noch nicht ausreichend. Man muss also ausbilden.