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09.11.2023

Team medpool

Lesedauer: 5 min

Krankenhausreform – Krankenhausversorgungs-verbesserungsgesetz (KHVVG)

Die Sommerpause ist zu Ende und einige Neuerungen auf dem Weg.
Ein Punkt, der aktuell in aller Munde ist, ist das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, kurz KHVVG. Was für ein Wortmonster!

Was verbirgt sich hinter dem umständlichen Begriff? Man kann es ableiten, denn wie der Name schon sagt, geht es um die und der Versorgung. Wir gliedern nachstehend diesen Artikel in folgende Punkte:

  1. Nach der Sommerpause: Fortschritte in Sachen Krankenhausreform
  2. Grobe Inhalte des KHVVG
  3. Ausschuss zur Überprüfung und Weiterentwicklung der Leistungsgruppen
  4. Ausnahmeregelungen
  5. Vorhaltefinanzierung ab 2025
  6. Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen
  7. Extragelder ab 2027
  8. Hilferufe und Proteste von Krankenhäusern

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Nach der Sommerpause: Fortschritte in Sachen Krankenhausreform

Im Sommer hatte das Bundesministerium für Gesundheit einen Gesetzentwurf auf Basis des Eckpunktepapiers vom 10. Juli erstellt. Dies geschah im regelmäßigen Austausch mit den Ländern. Damals hatten sich Bayern und Schleswig-Holstein enthalten. Nun haben die Länder sechs Wochen Zeit, diesen Entwurf zu prüfen – es wird währenddessen allerdings weiter daran gearbeitet , was im Nachgang Anlass zu Diskussionen geben dürfte. Warum? Prüft ein Land zu Beginn der 6 -wöchigen Frist, hat es unter Umständen zwar der ersten, nicht jedoch der finalen Version zugestimmt.

Der 37-seitige Entwurf trägt den sperrigen Namen: „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen“. Die Abkürzung dafür lautet Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz oder auch KHVVG.

Grobe Inhalte des KHVVG

  1. Es wurden Grundsteine für die Vorhaltefinanzierung und Leistungsgruppen gelegt
  2. Künftig sollen Leistungsgruppen für bundeseinheitliche Qualitätskriterien sorgen. Auf diese Weise werden Mindestanforderungen an die Struktur- und Prozessqualität gelegt.
  3. Jede Leistungsgruppe muss bestimmte Qualitätskriterien bezüglich der sachlichen und personellen Ausstattung erfüllen. Das gilt auch für die Erbringung verwandter Leistungsgruppen und die Erfüllung sonstiger Strukturkriterien.
  4. Die Länder ordnen die Leistungsgruppen auf Basis der Qualitätskriterien zu.
  5. Die Verknüpfung von Leistungsgruppen kann am Standort geschehen oder standortübergreifend, also in Kooperation mit anderen Häusern
  6. 3 Stufen zur Definition der Leistungsgruppen:
  • Gesetz regelt die Leistungsgruppen (65 Leistungsgruppen/ Qualitätskriterien richten sich nach KH-Plan NRW 2022)
  • Rechtsverordnung zur Ausgestaltung der Leistungsgruppen
  • Ausschuss soll gebildet werden, der die Definition und Kriterien weiterentwickelt.
  1. Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen sind geplant
  2. Die Qualitätskriterien werden in einem Gutachten der medizinischen Dienste bestätigt. Das Gutachten ist für maximal 2 Jahre gültig und soll danach erneuert werden. Krankenhäuser sollen verpflichtet sein zu melden, wenn sie eins oder mehrere der Qualitätskriterien nicht einhalten können. Bis das Gutachten vorliegt können die Krankenhäuser eine Selbsteinschätzung abgeben.

Der Ausschuss zur Überprüfung und Weiterentwicklung der Leistungsgruppen:

Dieser wurde bereits im Eckpunktepapier vereinbart und soll die Perspektive der Ärztinnen und Ärzte miteinbeziehen. Er soll den Vorschlägen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) folgen. Weiter soll er mit Vertretern der Bundesärztekammer (BÄK), der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sowie Berufsorganisationen der Pflegeberufe besetzt werden. Beratend können auch Patientenorganisationen teilnehmen.

Er besteht aus:

  1. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF)
  2. Vertretern der Bundesärztekammer (BÄK)
  3. Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV)
  4. Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG)
  5. Berufsorganisationen der Pflegeberufe
  6. Patientenorganisationen (beratend)

Der Gesetzentwurf enthält Ausnahmeregelungen

Der Gesetzentwurf enthält auch Ausnahmeregelungen. Die Bundesländer hatten eine Regelung für den Fall gefordert, dass Krankenhäuser die Qualitätskriterien vorübergehend nicht erfüllen können. Dies soll den Krankenhäusern Zeit geben, Maßnahmen zur Qualitätssteigerung zu realisieren. Krankenhäuser können auch Leistungsgruppen zugewiesen bekommen, wenn sie die erforderlichen Qualitätskriterien nicht erfüllen. Diese Sonderregelung gilt jedoch nicht für alle Leistungsgruppen. Für manche sind die Ausnahmen ausgeschlossen. Die kommende Rechtsverordnung soll entsprechende Regelungen dazu enthalten, für welche Leistungsgruppen die Ausnahmeregelung gelten wird. Die Ausnahmen sind außerdem zeitlich befristet: Sie sollen für höchstens ein Jahr gelten. Einmalig können sie um ein weiteres Jahr verlängert werden.

Der Medizinische Dienst Bund soll sich an den Qualitätskriterien orientieren und eine Datenbank einführen, die die Prüfergebnisse jedes Klinikstandorts enthält. Aus dieser Datenbank soll hervorgehen, ob die Standorte die geprüften Strukturen und Anforderungen einhalten. Die medizinischen Dienste erhalten Zugriff und auf entsprechende Daten und übermitteln diese verpflichtend dem medizinischen Dienst Bund. Auf diese Weise soll die doppelte Prüfung vermieden werden. Über ein geschütztes Portal des medizinischen Dienstes können zudem auch die Kliniken die Prüfunterlagen übermitteln.

Vorhaltefinanzierung ab 2025

Ab 2025 ist eine Vorhaltefinanzierung von 60% der Gesamtbetriebskosten vorgesehen. Diese soll zunächst für 5 Jahre, also bis 2030 gelten. Die Kliniken sollen diese 60% Finanzierung der Betriebskosten über die Vorhaltepauschale unabhängig von der Zahl der tatsächlich erbrachten Fälle erhalten. Die Pflegepersonalkosten gehören künftig zu dieser Vorhaltepauschale. Die restlichen 40% werden nach wie vor über die diagnosebezogene Fallpauschale (DRG) finanziert.

Krankenhäuser erhalten also ein Vorhaltebudget für jede zugewiesene Leistungsgruppe. Den genauen Anteil der Vorhaltevergütung in der jeweiligen Leistungsgruppe ermittelt das Institut für das Entgeltungssystem (InEK).

Im Arbeitsentwurf steht sogar eine Formel:

Der Anteil ergibt sich, indem die Fallzahl des Krankenhausstandorts mit seiner durchschnittlichen Fallschwere (Case Mix Index) in der jeweiligen zugewiesenen Leistungsgruppe multipliziert und das Produkt durch die über alle Krankenhausstandorte dieses Landes in dieser Leistungsgruppe addierten Produkte geteilt wird.

Nach der Übergangszeit sollen sich dann der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV), GKV-SV, und die DKG auf eine bundeseinheitliche Definition und Vorgaben für die Vorhaltekosten einigen. Diese sollen dann ab 2031 gelten.

Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen

Ein weiteres Thema im Entwurf sind die schon viel diskutierten Level 1i-Krankenhäuser. Sie laufen nun unter dem Stichwort „sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen“. Diese Einrichtungen sollen ambulante und stationäre Leistungen stärker miteinander verknüpfen.

In diesen Einrichtungen dürfen Vertragsärzte ärztliche Leistungen erbringen. Zudem sollen diese Versorger bei einer festgestellten Unterversorgung in einem Gebiet auch weitere ambulante Behandlungen erbringen und sich damit zugelassenen Krankenhäusern annähern. Manche Bereiche dürfen auch unter pflegerischer Leitung erbracht werden. Dieser Punkt wurde besonders im Pflegesektor mit Spannung erwartet.

Übersicht sektorenübergreifender Leistungen:

• Ambulante Leistungen (aufgrund einer Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung, ambulantes Operieren (AOP-Katalog))
• Belegärztliche Leistungen
• Übergangspflege
• Kurzzeitpflege, Tages- und Nachtpflege
• Medizinisch-pflegerische Versorgung für Patienten, für die eine ausschließlich ambulante ärztliche Behandlung aufgrund ihrer Verfassung oder Lebenssituation nicht möglich ist.

Die Finanzierung dieser sektorübergreifenden Versorgungseinrichtungen ist über Tagesentgelte vorgesehen. Diese sollen den jeweiligen Leistungsinhalt und den Leistungsumfang berücksichtigen und mit den Behandlungstagen multipliziert werden. Umfasst das Tagesentgelt keine ärztlichen Leistungen, da ein Vertragsarzt Leistungen aufgrund einer Kooperation erbringt, sollen diese Leistungen anhand des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) vergütet werden.

Extragelder ab 2027

Koordinierende Häuser und Telemedizin:

Neben der Vorhaltefinanzierung sind ab 2027 Förderungen für Krankenhäuser vorgesehen, die übergreifende Koordinierungen von Versorgungsprozessen- und Kapazitäten übernehmen. Diese Häuser sollen auch telemedizinische Netzwerke aufbauen. Wer diese koordinierenden Aufgaben übernimmt, werden die Bundesländer gemeinsam mit den Krankenkassen entscheiden.

Für die Pädiatrie, Geburtshilfe, Stroke-Unit, Spezielle Traumatologie und Intensivmedizin
sind ebenfalls ab 2027 zusätzliche Förderungen vorgesehen. Um die Zeit bis 2027 zu überbrücken soll 2025 und 2026 die zusätzliche Förderung der Geburtshilfe und Pädiatrie weiterlaufen, die mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz Ende 2022 eingeführt worden ist.

Aktuell ab 2027 geplant:

  • Pädiatrie: jährlich zusätzlich 288 Millionen
  • Geburtshilfe 120 Millionen Euro
  • Stroke-Unit: steht noch nicht fest
  • Spezielle Traumatologie: Steht noch nicht fest
  • Intensivmedizin: Steht noch nicht fest

Hilferufe und Proteste von Krankenhäusern

Die Reform liest sich gut. Doch sie kommt spät und langsam. Viele Krankenhäuser sind aktuell in akuter Finanznot oder haben bereits Insolvenz angemeldet. Gerade gingen der DKG zufolge wieder einmal mehr als 30.000 Beschäftigte in mehreren Städten auf die Straße. Sie fordern kurzfristige Hilfen, einen Inflationsausgleich, eine Refinanzierung der Tariferhöhungen durch die Bundesregierung.

Bereits 2021 schrieb ein Drittel der Krankenhäuser rote Zahlen. Diese Situation verschärfte sich weiter. Im ersten Halbjahr 2023 haben der DKG zufolge 50 Klinikstandorte Insolvenz angemeldet. Das ist alarmierend. Die Ursachen sind unter anderem stark gestiegene Preise im Energie- und Strombereich, nicht zuletzt durch die Inflation. Die Krankenhäuser fürchten auch, bereits beschlossene Tariflohnerhöhungen nicht mehr bezahlen zu können.

Die Reform kommt und sie wird Erleichterungen für viele Krankenhäuser bringen. Manche Häuser werden sie jedoch gar nicht mehr erleben. Aktuell ist noch die Rede von einem Vorschaltgesetz, das die Not der Krankenhäuser ein wenig abmildern könnte. Noch steht allerdings nicht fest, ob es beschlossen wird. Das KHVVG wird dann eine Perspektive für die übriggebliebenen Krankenhäuser darstellen.

Bildnachweis: © Adobe Stock / oatawa / 299175978

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