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15.11.2023

Team medpool

Lesedauer: 5 min

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Was gibt’s Neues nach der Sommerpause?

Die Sommerpause ist beendet und es gibt erste News zur Krankenhausreform. So langsam nimmt sie Form an.

Der Bund geht mit 4 Bausteinen in die nächste Runde:

  1. Krankenhaustransparenzgesetz
  2. Umbau der Krankenhauslandschaft in Richtung Vorhaltepauschalen und bundeseinheitliche Qualität. Für diesen Punkt gibt es bereits einen ersten Arbeitsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums.
  3. Reformierung der Notfallversorgung
  4. Reformierung der Rettungsdienste

Die Punkte 3 und 4 (Reformierung der Notfallversorgung und Rettungsdienste) sollen von der stationären Versorgung getrennt in eigenen Gesetzentwürfen beraten werden.

Vor allem eins liest man in den letzten Tagen vermehrt: Es soll ein Vorschaltgesetz geben, um die harte Reform ein wenig abzufedern und die Krankenhäuser zu entlasten.
Fest steht: Ohne ein solches vorgeschaltetes Gesetz intensiviert sich die Insolvenzwelle der Krankenhäuser weiter, sodass viele Krankenhäuser die Reform gar nicht mehr erleben werden. Auch Tariflohnsteigerungen sind ohne eine Übergangsregelung in Gefahr. Deshalb haben Vertreter der Länder, der Krankenhäuser und der Unionsfraktion im Bundestag ein Vorschaltgesetz gefordert. Ob und wann es kommt, wird man sehen. Es sollte jedoch bald entschieden werden, um drohende Insolvenzen abzufangen.

Vorschaltgesetz – was ist das?

Was genau ist das Vorschaltgesetz und wie wirkt es sich auf die Krankenhausreform aus?

Ein Vorschaltgesetz ist ein Gesetz, das vorläufige Regelungen für ein später zu erlassenes Gesetz enthält.

Dr. Gerald Gaß, der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) erwartet bis Ende 2023 ein Gesamtdefizit der Krankenhäuser von bis zu 10 Milliarden Euro. Außerdem seien im kommenden Jahr mit den Tarifsteigerungen zusätzliche Mehrkosen für die Kliniken zu erwarten. Die Belastung für die Krankenhäuser würde sich ohne Vorschaltgesetz 2024 also nochmal deutlich erhöhen. Daher fordern die Länder und Krankenhäuser nun eine finanzielle Übergangsregelung, um Krankenhäuser, die aktuell auf der Kippe stehen, vor der Insolvenz zu bewahren.

Anpassung der Betriebskosten

Die Finanzierung der Betriebskosten müsse dringend angepasst werden, um den Krankenhäusern ein stabiles Fundament zu geben, so Gaß. Auf diese Weise werde den Krankenhäusern auch wieder eine solide Planung ermöglicht. Energiepreissteigerungen und inflationsbedingte Mehrkosten haben die Krankenhäuser in den vergangenen Jahren in eine finanzielle Notlage getrieben.

Auch die Unionsfraktion warnt vor einer kalten Strukturbereinigung der Krankenhauslandschaft. In der Zeit, in der die Strukturreform noch nicht greife, würden ohne Übergangsfinanzierung Insolvenzen drohen. Es sei wichtig, die Landesbasisfallwerte an die gestiegene Inflation anzupassen.

Landesbasisfallwerte dienen dazu, die voraussichtliche allgemeine Kostenentwicklung im DRG-System (Diagnosis Related Group) zu berücksichtigen. Die Vertragsparteien auf Landesebene (Landeskrankenhausgesellschaften, Verbände der Krankenkassen) vereinbaren dabei jährlich den Landesbasisfallwert für das Folgejahr. Der Landesbasisfallwert ist also der Basispreis für die einzelnen DRG-Leistungen. Er wird in jedem Bundesland zwischen den Vertragsparteien auf Landesebene ausgehandelt.

Die Abgeordneten fordern daher nun:

  1. den zusätzlichen Finanzbedarf zu analysieren
  2. ein Vorschaltgesetz, um Insolvenzen zu verhindern, welches Energiepreise und Personalwerte berücksichtigt

Was soll das Vorschaltgesetz denn nun konkret enthalten?

  1. Erlösverluste als Folge des abgesenkten Leistungsniveaus müssen aufgefangen werden:
  • Einmalige Basiskorrektur bei der Vereinbarung des Landesbasisfallwerts 2024
  • Einmaliger Ausgleich für das Jahr 2023
  1. Sach- und Energiekostensteigerungen in den Jahren 2022 und 2023 müssen ausgeglichen werden (Inflationsausgleich)
  • Rechnungszuschlag im Jahr 2023
  • Basiskorrektur bei der Vereinbarung des Landesbasisfallwerts 2024
  • Erhöhung der Budgets in der Psychiatrie
  • Evtl. einmaliger Ausgleich beim Landesbasisfallwert 2024 (wenn der Rechnungszuschlag fehlt)
  • Zeitnahe und unbürokratische Auszahlung der Energiepreishilfen
  1. Ausreichende Refinanzierung der Personalkosten
  • Vollständiger Ausgleich der Sachkostensteigerungen (über eine Sachkostenrate in Analogie zur Tarifrate)
  1. Ausreichende Finanzierung der Investitionskosten
  • Länder müssen Investitionsmittel aufstocken

Es sei wichtig, diese Punkte zeitnah zu klären, denn die Krankenhäuser stehen, so Gaß, vor der vielleicht größten Krise der letzten Jahrzehnte. Aktuell gebe es so viele Insolvenzen, wie nie zuvor. Deshalb zeigt Gaß großes Unverständnis dafür, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach der Wirtschaftsnot der Krankenhäuser tatenlos zusieht und lediglich eine frühere Auszahlung der Pflegebudgets anbietet. Dies bezeichnet er als wirkungsloses Ablenkungsmanöver. In ihrer Stellungnahme geht die DGK detailliert auf die aktuelle Problematik ein.

Stellungnahme der DKG

Die DKG veröffentlichte eine „Stellungnahme anlässlich der Öffentlichen Anhörung am 18.10. 2023 im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages zum Vorschaltgesetz zur Krankenhausreform“ (Stand 13.10.2023)

Die wirtschaftliche Lage habe sich in den vergangenen Jahren massiv verschlechtert und sei inzwischen existenzgefährdend. Die Krankenhäuser seien in besonderem Maße von den massiven Preissteigerungen der Jahre 2022 und 2023 betroffen. Eine Refinanzierung über die diagnosebezogenen Fallpauschalen sei nicht möglich, daher kommen immer mehr Krankenhäuser in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten. Das strukturelle Defizit werde sich bis Ende 2023 auf 10 Milliarden Euro aufsummieren und die Existenz von immer mehr Krankenhäusern gefährden. (siehe auch Faktenblatt, Link)

Drei Hauptpunkte werden gefordert:

  1. „Eine einmalige, rückwirkende Anpassung der Landesbasisfallwerte, des Gesamtbetrages nach BPflV und der Erlössumme der besonderen Einrichtungen für die Jahre 2022 und 2023 um 4 Prozent als Ausgleich für nicht refinanzierte, inflationsbedingte Kostensteigerungen“
  2. „Sicherstellung einer regelhaften Finanzierung der vollen Tarifsteigerungen ab dem Jahr 2024 durch eine entsprechende Anpassung der bisherigen Berechnungssystematik für die Berufsgruppen, die außerhalb des Pflegebudgets zu finanzieren sind.“
  3. „Etablierung von ergänzenden Finanzierungsinstrumenten, um die krankenhausspezifischen durchschnittlichen Sach- und Personalkostensteigerungen jährlich vollständig abzubilden und zeitnah zu refinanzieren.“

Wie kam es zu der Notlage?

Ursachen für die aktuelle Notlage sind unter anderem die Pandemie und ihre Nachwirkungen sowie kriegsbedingte Kostensteigerungen. Auch die Inflation und Tarifsteigerungen haben dazu geführt, dass die Finanzierungssysteme der Krankenhäuser am Limit laufen. Sie sind fragil und nicht für Notlagen gemacht und können diese nur schwer bis gar nicht ausgleichen.

Die Inflation und ihre Folgen

Schon 2021 schrieb ein Drittel der Krankenhäuser rote Zahlen. Rund elf Prozent verzeichneten eine erhöhte Insolvenzgefahr, wie der Krankenhaus- Rating - Report zeigte. Dies verschärfte sich weiter: Im ersten Halbjahr 2023 haben laut DKG 50 Klinikstandorte Insolvenz angemeldet. Ein Grund sind die gestiegenen Energie- und Strompreise. Auch beschlossene Tariferhöhungen bereiten Grund zur Sorge. Viele Krankenhäuser befürchten, diese bald nicht mehr bezahlen zu können.

Lauterbach verweist dagegen mehrfach auf die Hilfsleistungen des Bundes (21,5 Milliarden Euro Coronahilfen, 6 Milliarden Energiehilfen). Aus seiner Sicht grenzt es an Heuchelei, dass die Bundesländer sich nun an den Protesten für ein Vorschaltgesetz beteiligen, sich jedoch im Vorfeld nicht für eine ausreichende Investitionskostenfinanzierung der Krankenhäuser starkgemacht haben.

Kliniken in der Insolvenz

Bereits 52 Kliniken sind schon in die Insolvenz getrieben worden. Dabei handelt es sich um unkontrollierte Klinikschließungen, durch die Versorgungslücken entstehen können. Obwohl die Kliniken verantwortungsvoll wirtschaften, ist es ihnen nicht möglich, die gestiegenen Kosten aufzufangen. Sie können ihnen nicht einfach mit Preissteigerungen begegnen und sind deshalb auf eine Refinanzierung durch den Bund angewiesen. Wichtig dabei zu erwähnen ist, dass es sich dabei nicht um Subventionen handelt, sondern lediglich um eine Refinanzierung der tatsächlichen Kosten.

Der Antrag der CDU/CSU der kommenden Krankenhausreform ein Vorschaltgesetz voranzustellen, ist daher sehr praxisnah. Und es sollte schnell umgesetzt werden, da sich viele Krankenhäuser in akuter Notlage befinden und - sollte es zu längeren Verzögerungen kommen – die Reform nicht einmal mehr erleben, da sie vorher insolvent sind.

Das Vorschaltgesetz soll also Masseninsolvenzen verhindern. Diese würden die Krankenhauslandschaft sehr ausdünnen und dazu führen, dass die Krankenhausreform nicht mehr kontrolliert umgesetzt werden kann, sondern zu einem reinen Zufallsprodukt würde, da man mit den übriggebliebenen Krankenhäusern weiterarbeiten müsste. Das sind dann nicht unbedingt die fachlich besten, sondern die wirtschaftlich stabilsten.

Kommt das Vorschaltgesetz?

Bisher plant das Gesundheitsministerium noch keine Rettungsfinanzierung für Krankenhäuser in Insolvenzverfahren. Bisher gibt es auch für die Krankenhausreform lediglich Gesetzentwürfe. Geplant ist ein Start zum Jahresanfang 2024.

Michael Weller, Leiter der Abteilung „Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung“ argumentiert, dass erst einmal die Grundlagen für eine zukunftsfähige Krankenhausversorgung geschaffen werden müssten. Die Ampelkoalition hätte bislang nicht vor, ein Vorschaltgesetz zu machen, um Krankenhäuser, die Insolvenzanträge gestellt haben, noch vor der Reform zu retten.

Man darf also gespannt sein. Länder, Krankenhäuser und die Union setzen sich dafür ein, den Krankenhäusern eine übergangsweise Rettungsfinanzierung mittels Vorschaltgesetzes zur Seite zu stellen. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob und in welcher Form solch ein Gesetz kommt.

Bildnachweis: © Adobe Stock / NanTua / 613092355

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